Schon oft standen Thomas und ich auf dem Gipfel des Kreuzjochs. Jedes Mal schaute ich verstohlen zu einem kleinen, tiefergelegenen Gipfelkreuz hinüber: dem Gamsköpfl im Zillertal. Der schmale Grat bis zum Gipfel hatte jedes Jahr für Diskussionen gesorgt: Wie gefährlich würde es wirklich sein, ihn zu besteigen? Letzten Sommer haben wir es gewagt und fanden eine Antwort.
Das unbekannte Gamsköpfl
Thomas und ich starteten am Parkplatz des Tennis- und Squashcenters in Gerlos. Wir waren unsicher, wie die Wanderung verlaufen würde. Im Netz gab es nur eine Hand voll Beschreibungen für die Wanderung. Zu wenig, um sich ein echtes Bild vom Grat zwischen Kreuzjoch und Gamsköpfl zu machen.
Drei Stunden würden wir mindestens vom Squashcenter in Gerlos brauchen, vielleicht auch dreieinhalb oder vier. Ob ich mir die Gratüberschreitung zum Kreuzjoch zutrauen würde, wussten wir nicht. Seit der geplatzten Unnütz-Überschreitung am Achensee, tat ich mich mit schmalen Gratwanderungen schwer. Damit stand die Rückfahrt mit der Isskogelbahn auf der Kippe.
Der Reiz der unbekannten Gipfel
Einsame Gipfel zogen mich schon immer magisch an. Die Besteigung des Gamsköpfl hatte ich deshalb schon lange auf dem Zettel. Zuletzt war ich 2016 so neugierig, als wir den Gaulkopf bestiegen. So schwierig wie der Gaul sollte der Aufstieg heute nicht werden: Ein technisch mittelschwerer Weg (etwa T2) führte uns zum Gipfel hinauf – zunächst auf einem Wirtschaftsweg, dann durch ein steiles Waldstück und später über Wiesen.
Nichts ging ohne Kondition
Konditionell schien die Tour uns einiges abzuverlangen: Ein relativ sportlicher Wanderer – der Einzige seiner Art – kam uns kurz vor dem Mittag entgegen. Etwa vier Stunden hatte er bis zum Gamsköpfl gebraucht: deutlich länger, als geplant. Zum Sonnenuntergang wollte er am Kreuzjoch sein, hatte es in der geplanten Zeit aber nur bis zum Gamsköpfl geschafft. Die Begegnung nährte unsere Zweifel, die Rundwanderung zu schaffen.
Auf falschem Weg ins Abseits
Auf einem Wiesenweg kamen wir zur Gerlostalalm, die nur im Winter geöffnet ist. Weiter ging‘s auf dem offiziellen Wanderweg Nummer 9 Richtung Richtbergkogel und Kreuzjoch. Die Aussicht hier oben war herrlich: Der Durlaßbodenstausee tauchte hinter uns auf und öffnete den Blick ins Skigebiet am Isskogel. Ich war abgelenkt und froh, die zerstörte Natur des Skigebiets weit weg von uns zu wissen. Dann passierte es: Wir folgten dem falschen Weg – das kostete Zeit und sähte weitere Zweifel: Würden wir es noch auf das Gamsköpfl schaffen?
Richtbergkogel als Zwischenziel
Auf 2.278 Metern Höhe erreichten wir den Richtbergkogel, der den Blick auf das Gamsköpfl und das Kreuzjoch freilegte. Beide Gipfel lagen noch in der Ferne und trübten den Erfolg über das erreichte Zwischenziel. In einer Senke erholten sich unsere müden Beine, eher der Schlußspurt begann. Die letzten Schritte vor dem Gipfel setzten wir auf einem schmalen, felsigen Steig. Bis hierhin blieb der Wanderweg mittelschwer (T2) und damit für jeden konditionell starken Wanderer machbar. Am Gipfelkreuz genossen wir unsere Jause mit Stauseeblick, ehe die Diskussion über den Steig zum Isskogel erneut begann.
Der schwere Steig zum Kreuzjoch
Vom Gamsköpfl betrachtet, sah der Steig zum Kreuzjoch machbar aus. Jahrelang hatten wir von der anderen Seite einen anderen Eindruck gehabt. Direkt hinter dem Kreuz stieg der Schwierigkeitsgrad des Weges spürbar an (T3 = schwer). Auf dem fußbreiten Steig konzentrierten wir uns auf jeden Schritt und hofften auf stabiles Wetter, trotz dunkler Wolken am Himmel. An zwei besonders schmalen Stellen griffen wir mit unseren Händen an die Felsen, dann war der Steig endlich bezwungen. In 20 Minuten.
Abstieg zur Bergstation der Isskogelbahn
Den Abstieg zur Isskogelbahn kannte ich schon – von der Gratüberschreitung vor einigen Jahren. Damals war ich von der Bergstation der Sommerbergalm in Zell über das Kreuzjoch und den Isskogel zur Isskogelbahn gewandert. Am Ende habe ich fast die Bergbahn verpasst. So knapp wollte ich nicht nochmal dran sein. Die dunklen Wolken spornten uns an, den Steig bis zum Wirtschaftsweg im Skigebiet schnell zu hinter uns zu lassen. Hier oben war die Bergwelt noch intakt.
Als wir unsere Füße auf den Wirtschaftsweg setzten, taten sich lärmende Bergbahnbaustellen vor uns und Gewitter über uns auf. Inmitten der Baustellen des Skigebiets wirkte der Isskogel verloren, beinahe wie künstlich in die Landschaft gesetzt. Skurril war es, dass diese wunderschöne Wanderung hier im Skigebiet endete. Wir zogen am Gipfelkreuz vorbei, um uns vor dem Gewitter in die Bergbahn zu retten. Das Geheimnis um den Grat am Gamsköpfl war gelüftet. Das nächste Abenteuer wartete auf uns.
Dein nächstes Bergabendteuer: Der Gaulkopf
Nach dem Gamsköpfl wartet Dein nächstes anspruchsvolles Abenteuer auf Dich. Könnte es der Gaulkopf sein? Schau selbst:
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