Winterwandern im Schnee ist viel anstrengender als Wandern im Sommer. Rund 200 Höhenmeter pro Stunde schaffen Wanderer im Schnee. Im Sommer sind es 300 bis 400 Höhenmeter.
Trotz der Anstrengung suchen viele Urlauber mehr und mehr nach Entschleunigung abseits der Pisten – beim Schneeschuhwandern im Zillertal.
Der Zillertaler Bergwanderführer Josef Rieser (64 Jahre) geht mit den Gästen des Hotels Hochzillertal in die Berge. Das Hotel im Ort Kaltenbach gehört zu seinem Lebenswerk: Nach seiner Pensionierung hat er die Leitung des Hotels an seinen Sohn und seine Schwiegertochter übergeben.
Josef hat mit uns darüber gesprochen, wie der Einstieg ins Schneeschuhwandern am besten gelingt. Ein Interview.
Tourtricks: Als Bergwanderführer gehst Du im Sommer häufiger mit Euren Gästen in die Berge. Können geübte Sommerwanderer einfach allein mit dem Schneeschuhwandern beginnen?
Josef: Am Vernünftigsten ist es, wenn einem jemand das Schneeschuhwandern zeigt. Es ist wichtig zu lernen, in welchem Gelände man im Winter sicher wandert und wie man mit dem Material umgeht. Dazu gehört auch das Wissen, wie die Schneeschuhe richtig einzustellen sind. Mit unseren Gästen starte ich die ersten Gehversuche in der Ebene – zunächst ohne Stöcke, um ihren Gleichgewichtssinn zu testen.
Tourtricks: Wenn wir zwei zum Schneeschuhwandern losziehen würden: Welche Schuhe könnte ich zum Einstieg tragen?
Josef: Ein wasserfester Wanderschuh mit einer festen Sohle ist im Sommer wie im Winter die richtige Wahl. Je fester die Sohle ist, je mehr Kraft bringe ich auf die Schneeschuhe. Wer das Schneeschuhwandern nur probieren möchte, leiht sie sich. Es gibt viele Schneeschuhverleihe im Zillertal.
Tourtricks: Ich habe nagelneue Wanderschuhe. Könnten sie durch die Schneeschuhe beschädigt werden?
Josef: Von der Bindung bekommen die Wanderschuhe keinen Schaden. Im Sommer gilt das gleiche wie im Winter: Wanderer schrammen auch mal über Steine. Dann haben Schuhe einen Kratzer.
Tourtricks: Wie sieht es mit der Kleidung im Winter aus? Was sollten Schneeschuhwanderer tragen?
Josef: Am besten für alle anstrengenden Sportarten ist das Zwiebelschalensystem. Wenn es kalt ist, ziehe ich mehrere dünne Schichten an. Wenn mir warm ist, ziehe ich sie aus und packe sie in den Rucksack ein.
Heute gibt es Funktionsunterwäsche, zum Beispiel Transtex-Kleidung. Sie bringt den Schweiß nach außen, ohne dass der Sportler nasse Unterbekleidung tragen muss. Das ist wichtig, um sich bei Pausen nicht zu verkühlen.
Tourtricks: Im Januar hat es viel geschneit. In Deutschland haben einige Behörden den Katastrophenfall ausgerufen. Ab wann wird Schneeschuhwandern gefährlich?
Josef: Erst einmal ein paar Worte zur Schneelage Anfang Januar. Aus meiner Sicht wurde die Situation etwas übertrieben dargestellt. Es ist richtig, dass wir im Januar so viel Schnee hatten wie schon lange nicht mehr. Von einem Ausnahmezustand kann – zumindest bei uns – keine Rede sein. Vielleicht haben einige die harten Winter von früher vergessen.
Tourtricks: Das könnte eine Erklärung sein.
Josef: Und nun zum Schneeschuhwandern bei solchen Wetterlagen: Die Lawinengefahr ist bei hohen Schneemengen sehr groß. Deshalb ist es wichtig, die Ziele gut auszusuchen. Schneeschuhwandern ist nur in offensichtlich nicht lawinengefährdeten Gebieten mit einer Hangneigung von bis zu 20 Grad erlaubt.
Wer sich auskennt, informiert sich selbst und plant eigene Touren entsprechend. Für Einsteiger übernehmen das Bergwanderführer wie ich.
Tourtricks: Unabhängig von der Lawinengefahr ist bestimmt auch die Schneehöhe entscheidend: Wie hoch sollte der Schnee beim Schneeschuhwandern maximal sein?
Josef: Mehr als einen halben Meter Schnee sollten Schneeschuhwanderer nicht haben. Wenn sie jedes Mal bis in den Schritt hinein versinken, werden sie nicht viel Spaß haben. Das ist anstrengend und macht müde. Am besten ist es ohnehin zu variieren: mal ein Stück über präparierte Wege, dann etwas im Tiefschnee wandern – je nach körperlicher Fitness.
Tourtricks: Da sprichst Du einen wichtigen Punkt an. Nicht jeder ist gleich fit. Worauf achtest Du, wenn Du die Schneeschuhwanderungen für Deine Gäste planst?
Josef: Als ausgebildeter Bergwanderführer baue ich die Tour nach den körperlichen Voraussetzungen, den Erfahrungen und Wünschen der Gäste auf. Deshalb spreche ich am Vorabend der Wanderungen immer mit unseren Gästen: Einige mögen es nicht so anstrengend. Sie wollen im Wald auf Forstwegen Schneeschuhwandern, um das Wild zu sehen. Andere sind sportlicher und möchten im Tiefschnee zu den bekannten Aussichtspunkten hinauf.
Tourtricks: Mich reizen die Aussichtspunkte am meisten. Welche Ziele mögen Deine Gäste im Winter am liebsten?
Josef: Das sind oft Ziele, die auch im Sommer beliebt sind. Heuer sollten Wanderer wegen des hohen Schnees alles weglassen, was ausgesetzt ist. Schneeschuhwandern gehen sie bei dieser Wetterlage besser in der Nähe von Gebirgslanglaufloipen oder auf Winterwanderwegen.
Tourtricks: Hast Du einige Beispiele für unsere Leser?
Josef: Da bietet sich eine Schneeschuhwanderung in Hochfügen an – von der Jausenstation Schellenberg zur Geolsalm. Oder man wandert von Hochfügen hinter zur Pfundsalm rein.
Tourtricks: Diese Wandertouren haben mir schon im Sommer gut gefallen, besonders der Weg zur Pfundsalm. Welche Tipps hast Du noch für uns? Wohin können Schneeschuhwanderer gehen, wenn die Lawinengefahr wieder vorüber ist?
Josef: Bei sicheren Verhältnissen gibt es Ziele ohne Ende. In die Seitentäler des Gerlostals gehen Schneeschuhwanderer recht flach zu den bewirtschafteten Hütten hinein, zum Beispiel ins Wimmertal oder ins Schwarzachtal. Die verschneiten Almgipfel und Hütten sind so herrlich anzusehen.
Oder Wanderer fahren mit den Liften ins Skigebiet und wandern von den Bergstationen zu ungefährlichen Gipfeln oder Aussichtspunkten, zum Beispiel zur Kristallhütte im Skigebiet Hochzillertal oder zur Hubertuskapelle.
Tourtricks: Die verschneiten Almgipfel sind auch für uns ein Grund, mal im Winter loszuziehen – neben dem Einkehrschwung auf einen Glühwein :-). Was reizt Urlauber noch am Schneeschuhwandern?
Josef: Im Winter macht es Spaß, die Spuren von Tieren im Wald zu lesen oder die Samen der Bäume in Ruhe anzusehen. Unsere Gäste staunen hinterher oft, wie blind sie durch die Gegend gehen. Bei einer Wandertour mit Schneeschuhen durch den Wald kommt es nicht auf die Höhenmeter pro Stunde an, sondern darauf die Schönheit der Natur zu entdecken.
Tourtricks: Wandern, um die Schönheit der Natur zu entdecken: Schöner hättest Du uns das Schneeschuhwandern im Zillertal nicht schmackhaft machen können. Wir wünschen Dir noch viele schöne Schneeschuhwanderungen mit Euren Gästen im Zillertal. Vielen Dank für Deine Zeit und das Interview.
Josef: Gern geschehen.
Über Josef Rieser
Josef war Zeitsoldat, hat eine Militärausbildung absolviert und ist Hochalpinist. Er ist leidenschaftlicher Skifahrer, Skitourengeher und liebt das Laufen, Radfahren und andere Sportarten.
Im Jahr 1979 hat Josef gemeinsam mit seinen Schwiegereltern Franz und Maria das Hotel Hochzillertal errichtet. Bis zu seiner Pension vor eineinhalb Jahren hat Josef das Hotel als Seniorchef mit seiner Frau Annemarie geführt.
Seit seiner Bergwanderführerausbildung vor einigen Jahren führt Josef die Gäste des Hotels im Sommer und Winter auf die Berge des Zillertals. Mit ihnen geht er im Sommer besonders gern auf den Hamberg – einen wunderbaren Aussichtsberg mit einem herrlichen Rundumblick ins Zillertal, bis zum Achensee und hinter in die Kitzbühler Alpen bis nach Kufstein.
In eigener Sache
Wir haben bei mehreren Actionsclubs im Zillertal angefragt, um Bergwanderführer zum Thema Schneeschuhwandern sprechen zu können. Unsere Interviewanfragen haben leider keine Resonanz ergeben.
Durch einen Facebook-Post des Hotels Hochzillertal haben wir von Josef erfahren, beim Hotel Hochzillertal angefragt und sofort einen Interviewtermin bekommen. Das Hotel Hochzillertal kennen wir durch unsere Reisen nach Kaltenbach bereits seit vielen Jahren.
Es besteht keine Kooperation zwischen Tourtricks und dem Hotel. Alle Restaurantbesuche und Unterbringungen im Hotel, die in der Vergangenheit stattfanden, haben wir selbst bezahlt.
Wandern im Zillertal: kein Urlaub ohne eine Tour im Zemmgrund
Natur pur, urige Hütten und regionale Speisen: Das alles findet Ihr in einem der schönsten Seitentäler des Zillertals – dem Zemmgrund. Erfahrt jetzt mehr über dieses schöne Fleckchen.