Eigentlich wollten wir übers Wochenende gar nicht in die Oberlausitz. Was könnte es dort schon geben? Jede Menge – das wissen wir jetzt: Einen herrlichen Wasserturm zum Übernachten und 500 Meter hohe Berge mit Berggasthöfen und leckerem Essen. (unbezahlte & unbeauftragte Werbung).
Schlafen wie im Whiskyfass – das geht nur in der Oberlausitz
Hier kommt nun die Geschichte, warum wir ein Wochenende in der Oberlausitz verbrachten: Einige Wochen zuvor – am Frauentag – saß ich etwas gestresst bei meiner Friseurin Jessie in Bernau. Es waren nur noch wenige Tage bis zu Thomas seinem Geburtstag. Das Problem: Ich hatte noch immer kein Geschenk für ihn.
„Mal ein Wochenende raus aus Berlin – das wäre gut“, sagte ich zu Jessie. Schon sprudelte sie vor Ideen. Eine Übernachtung im Weinfass an der Mosel, das sei doch etwas Schönes, schlug Jessie vor.
Gute Idee, aber Thomas steht eher auf Whisky. Also befragte ich Google und tippte in die Suchzeile ein: „Übernachten im Whiskyfass“. Viel Hoffnung auf ein passendes Suchergebnis machte ich mir nicht. Trotzdem gab es eins, das mein Interesse weckte: Ein Artikel im Wochenkurier berichtete von einem Wasserturm, in dem man schlafen würde, wie in einem Whiskyfass.
Der alte Wasserturm in Neukirch – vor den Toren Dresdens und unweit von Berlin
Die Website von Familie Lindner aus Neukirch in der Oberlausitz verriet mehr über die spannende Urlaubs-Unterkunft. Die Lindners hatten einen alten Wasserturm übernommen, der abgerissen werden sollte.
Mit viel Herzblut und Arbeit haben sie ihn auf dem Gelände einer alten Lederfabrik abgetragen und auf ihrem frisch erworbenen Grundstück wieder aufgebaut. Jedes Detail im Inneren wurde liebevoll ausgesucht und hergerichtet: 6 Jahre lang! Das Meisterwerk: die Duschen der Ferienwohnungen, gebaut aus ehemaligen Fässern von Müller-Milch.
„Eine verrückte Geschichte, eine ungewöhnliche Unterkunft – das ist etwas für uns“, sagte ich zu Jessie. Ein Telefonat beim Friseur, ein paar Mails hin und her mit Frau Lindner in den folgenden Wochen und schon hatte ich gebucht. Ein Whisky-Tasting und eine Führung in Familie Lindners Schusterlieb’s Schaubrennerei mussten unbedingt mit zum Geburtstags-Wochenende gehören. Am ersten Aprilwochenende sollte es losgehen.
Einzug in den Wasserturm – natürlich mit Begrüßungsschnaps
Eine lange und anstrengende Arbeitswoche lag Anfang April hinter uns. Wir waren kurzurlaubsreif und das erste sonnige Wochenende mit super Wetter stand uns bevor. Wie bei jedem Urlaub – kurz oder lang – kämpften wir darum, pünktlich von zu Hause loszufahren. Um 16 Uhr gings im Norden von Berlin bei uns los, etwa drei Stunden später trafen wir bei Familie Lindner in Neukirch an „unserem“ Turm ein.
Die Lindners zeigten uns unsere Ferienwohnung im Wasserturm und die Gemeinschaftsküche, die alle Urlauber der Ferienwohnungen im Turm nutzen können. Eine perfekte Location für Gruppen. Toll!
Ausnahmsweise waren wir an diesem Wochenende die einzigen Turmbewohner im Paradies. Wir bezogen das Turmzimmer ganz oben: den Haferhimmel mit Blick über Neukirch. In der Küche stand ein Begrüßungslikör von Schusterlieb‘s Brennerei für uns bereit: eine „wilde Pflaume“. Die musste aber erstmal warten…
Abendessen im Erbgericht Tautewalde in der Oberlausitz
Es war schon spät und nach unserer Fahrt war unser Hunger groß. Die Lindners hatten uns verschiedene Restaurants fürs Abendessen empfohlen. Wir entschieden uns fürs Erbgericht Tautewalde – einem Hotel mit Restaurant, das sich nur etwa 3 Minuten mit dem Auto entfernt im Nachbarort Tautewalde befindet.
Dort konnten wir schon nach wenigen Minuten super entspannen. Die Beleuchtung und Einrichtung im Restaurant waren klasse, Steak und Pasta ebenfalls. Was für ein toller Einstieg in unseren Kurzurlaub! Kurzerhand buchten wir dort unser Frühstück für den nächsten Morgen.
Die erste Nacht im Oberlausitzer Whiskyfass
In unserer ersten Nacht im Wasserturm schlief ich wie ein Stein. Da ist schon etwas dran, dass es sich so anfühlen würde, als sei man in einem Whiskyfass. Das dachte ich mir als ich im Bett lag und die Decke anstarrte. Sie war kreisrund wie ein Whiskyfass – mit Holzbalken außen am Rand und Querbalken in der Mitte. Genauso stellte ich mir das Innere eines Whiskyfasses vor.
Das Beste am Turmzimmer für Thomas war die Dusche: Wie in einem Space-Shuttle fühlten wir uns in dem umgebauten Müller-Milch-Fass. So etwas verrücktes hatten wir noch nie gesehen. Sechs Fässer mussten für die Turm-Pension mit liebevoller Handwerkskunst zur Fass-Dusche umgebaut werden – eine für jedes Zimmer. Die Lindners wollten aus diesem Ort unbedingt etwas Besonderes machen. Das war ihnen gelungen.
Führung in Schusterlieb’s Schaubrennerei in Neukirch
Am Samstagvormittag nahmen sich Ramona und Steffen Lindner Zeit, uns durch ihre Schaubrennerei zu führen. Vom Wasserturm liefen wir etwa 10 bis 15 Minuten durch Neukirch zu ihnen hinüber.
Wir besichtigten das Fasslager für die Whiskys und Brände und nahmen in der Brennstube mit Brennkessel Platz.
Was die Lindners hier so „nebenbei“ auf die Beine gestellt haben, ist unglaublich. Denn eigentlich ist Steffen Lindner Fliesenlegermeister mit eigenem Betrieb.
Inzwischen haben er und seine Tochter Susann den Brennmeister-Titel in der Tasche und immer wieder neue Ideen für Brände und Whiskys. Ramona Lindner hält ihnen den Rücken frei und kümmert sich um alles, was sonst noch für die Betriebe wichtig ist. Und das ist eine ganze Menge – vor allem, wenn es um die Einhaltung von wichtigen gesetzlichen Vorschriften beim Brennen oder die Sauberkeit der Zimmer geht.
Whisky-Tasting in Schusterlieb’s Brennstube
In der Brennstube schauten wir Schusterlieb’s Image-Film. Der bringt’s am Ende auf den Punkt: Ein Korn, ein Feld, ein Whisky. Die Zutaten für den Whisky kommen vom Bauern gleich nebenan und werden in liebervoller Handarbeit hergestellt – jeweils in limitierter Auflage von weniger als 100 Flaschen.
Thomas testete sich durch die Whiskys: Goliath 4, Goliath 5 und Goliath 8. Nummer 8 schmeckte ihm sehr gut, aber besonders angetan war er von Nummer 5 – dem Champagnerroggen. Mit 10 Prozent Torfmalz wurde er in Schusterlieb’s Maischeapparat hergestellt, im kupfernen Brennkessel zum edlen Brand destilliert sowie 5 Jahre und 10 Monate im 50 Liter Fass aus mittelgetoasteter, slowenischer Eiche gelagert.
Nach der Verkostung und netten Gesprächen beim Tasting ging’s in den Hofladen, wo wir Goliath 5 mit nach Hause nahmen.
Tag 1: Wanderung zur Picho-Baude in Tautewalde
Das Auto blieb nach dem Whisky-Tasting weiter stehen. Wir spazierten zurück zum Wasserturm, zogen uns Wandersachen an und machten uns auf dem Weg zum 499 Meter hohen Picho – dem letzten Berg zwischen Wilthen und der Ostsee mit herrlichem Bautzenblick.
Von unserem Wasserturm gingen wir ein paar Meter auf dem Gehweg entlang Richtung Tautenwalde. Schon nach wenigen Minuten folgten wir auf der linken Gehwegseite einem Wanderwegweiser zum Picho. Über eine Wiese ging es in angenehmer Steigung den Berg hinauf. Schon nach 30 Minuten erreichten wir eine schmale, wenig befahrene Bergstraße, die hinauf zur Picho Baude führte. Insgesamt brauchten wir im gemütlichen Schritt nur 45 Minuten von unserem Wasserturm hinauf.
Wir genossen ein paar Minuten Sonne an der Picho-Baude, die glücklicherweise noch offen hatte und stiegen später über den Pumphutsteig wieder ab. Der Wanderweg, wie er eigentlich verläuft, war gesperrt. Deshalb folgten wir der Umleitung quer übers Feld, die uns nach einer kurzen Runde wieder zurück zur Bergstraße und hinab über die Wiese nach Neukirch brachte.
Tag 2: Wanderung zum Czorneboh mit Berggasthof
Am zweiten Tag wollten wir noch einen höheren Berg hinauf wandern: den 561 Meter hohen Czorneboh mit Berggasthof. Die Bewertungen des Berggasthofs Crzoneboh im Netz versprachen nur Positives und die Wanderung sollte laut Wanderbeschreibung recht sportlich sein. Das war genau das Richtige, um uns im Frühjahr für die höheren Berge im Zillertal einzuwandern. Denn im Sommer fahren wir fast immer mehrmals in das für uns schönste Tal Tirols.
Wir parkten unser Auto auf einem Parkplatz nahe Cosul und zogen los. Es ging fast ausnahmslos geradeaus den Berg hinauf. Am Wegesrand des Koboldsteiges, wie der Wanderweg hieß, gab es immer wieder interessante Sehenswürdigkeiten zu sehen: den geheimnisvollen Hromadnik – einen Ort, an dem es einer Sage nach mal eine geheime Schlucht gab. Oder das Teufelswaschbecken: eine Wassermulde in einem Stein, die selbst im heißesten Sommer nicht austrocknen soll und mit deren Waschung man langjährige Schönheit erfahren würde. So wie das Wasser aussah, verzichtete ich allerdings freiwillig darauf.
Der für mich schönste Punkt dieser Wanderung war das Teufelsfenster auf 501 Metern Höhe. Die etwa 10 Meter hohen und bis zu 100 Meter langen Felsen wirkten mächtig und waren ein spannendes Fotomotiv.
Nach etwa 1,5 Stunden erreichten wir den Czorneboh. Auf der Karte waren typische Gerichte der Oberlausitz, unter anderem eine sorbische Hochzeitssuppe und das Czorneboh Säckchen – ein gefüllter zum Säckchen gebundener Eierkuchen. Fancy!
Wir bestellten ein Gulasch und eine Pasta: beides sehr lecker! Das Wetter war wunderbar und wir saßen draußen herrlich in der Sonne. Auch innen war es schön, wie ich auf dem Weg zur Toilette sah. Eine rustikal eingerichtet Bergbaude mit liebevoller Tischdeko – was für ein schönes Ziel am zweiten Tag unseres Wochenend-Ausflugs raus aus Berlin.
Nach einer flotten Besteigung des Turms am Berggasthof Czorneboh ging es für uns zurück zum Auto und wieder nach Hause. Unseren Kurzurlaub in Familie Lindners Wasserturm in der Oberlausitz werden wir so schnell bestimmt nicht vergessen. Es ist das perfekte Ziel für alle, die am Wochenende einfach mal raus wollen – aus Berlin, Dresden oder aus welcher Stadt auch immer!
Hinweis zum Titelbild: Foto von Familie Lindner
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